BLOCK 30 FANCHARTA

 Präambel 

Die vorliegende Block 30-Fancharta beschreibt das Zusammenwirken der Akteure innerhalb des Block 30 Kollektivs, und definiert einzuhaltende Grundsätze, um eine angemessene Berücksichtigung der Interessen aller gewährleisten zu können. Darüber hinaus beschrieben werden die grundsätzlichen Vorstellungen von Block 30 bzgl. einer lebendigen und gestaltungsfähigen aktiven Fankultur in Kassel, sowie der Umgang mit Stadionverboten. 

1. Respektvolles Miteinander

 Alle KSV Fans verpflichten sich, ebenso wie die Vereinsvertreter, zu einem angebrachten, ehrlichen und respektvollen Umgang, intern und extern. Dies gilt somit sowohl im direkten persönlichen Gespräch und in schriftlichen Formen der Kommunikation, als auch in der öffentlichen Darstellung. Die Fans des KSV Hessen Kassel bilden eine der tragenden Säulen des KSV Hessen Kassel e.V., neben den Mitgliedern, Vereinsgremien, Angestellten, Sportlich Aktiven und den Sponsoren. Daraus ergeben sich für alle genannten Akteure Verpflichtungen, insbesondere in der würdigen Vertretung des Vereins und der ihm zugehörigen Fanszene. 

2. Gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Diskriminierung 

Der KSV Hessen Kassel e.V. und Block 30 stehen aktiv ein gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Diskriminierung, ob aus Gründen ethnischer Zugehörigkeit, Nationalität, konfessioneller und sexueller Orientierung oder körperlicher und geistiger Beeinträchtigung. Diese Maßgaben gelten für innerhalb und außerhalb des Stadions. 

2.1 Rassistische und diskriminierende Äußerungen, sowie Verhaltensweisen werden durch das Kollektiv der Fanszene unterbunden. 

2.2 Das Tragen von Kleidung aus dem rechtsextremen Spektrum und/oder mit eindeutigem oder versteckten extremistischen Inhalten ist untersagt. Weiteres dazu regelt (auch) die Stadionordnung. 

2.3 Block 30 agiert, ebenso wie der Verein satzungsgemäß, parteipolitisch und religiös neutral. 

2.4 Im Mittelpunkt des Interesses steht immer der KSV Hessen Kassel e.V.. Die Beteiligten setzen alles daran, Schaden vom Verein abzuwenden. Die beiden ersten Punkte bilden zusammen die einzuhaltenden Grundsätze und stellen das Fundament der Block 30 Fancharta dar. Alle weiteren Punkte bedürfen der Akzeptanz dieser Prämissen. 

3. Fankultur 

Der Volkssport Fussball bedeutet für uns Emotionen und Leidenschaft. 

Dies ist die Basis, für eine lebendig gelebte und gestaltungsfähige Fankultur, sowie Garant für eine stimmungsvolle und authentische Atmosphäre auf den Stadiontraversen. Nicht die sportlichen Darbietungen ziehen die Massen in ihren Bann, sondern die Entladung gemeinsamer Emotionen. Nur mit dieser Leidenschaft lässt sich erklären, dass selbst bzw. insbesondere die nicht vom Erfolg verwöhnten Fussballvereine an jedem Spieltag quer durch die Republik von ihren Anhängern begleitet werden. 

Diese, aus den gemeinsam gelebten Emotionen resultierende, Leidenschaft wird häufig auf eine harte Bewährungsprobe gestellt, sei es bedingt durch sportliche Tiefen, finanzielle Miseren oder eine fehlgeleitete Vereinskultur. Vor allem wir KSV-Fans sind diesbezüglich leidgeprüft. Dennoch zeigen die Anhänger gerade dann, wenn es um die Existenz des KSV Hessen Kassel e.V. geht, durch ihre treue Verbundenheit ein breites Rückgrat, auf dass sich der Verein stützen kann. Daraus leiten sich folgende Selbstverständlichkeiten ab: 

- Der Fan ist ein ernstzunehmender Partner auf Augenhöhe

 - Der Fan ist nicht als Sicherheitsrisiko zu betrachten - Die Fankurve braucht ihre notwendigen Freiräume 

- Der Verein muss erlebbar und wechselseitig identifikationsstiftend sein 

Folgende Punkte (3.1/3.2/4) basieren auf den genanten Selbstverständlichkeiten und beschreiben aus Sicht von Block 30 die Idealvorstellung einer lebendigen Fankultur und Kurvenlandschaft in Kassel. 

3.1 Regelungen im Stadion 

3.1.1 Im Rahmen der Nordkurve, insbesondere im Block 30 der aktiven Fanzene, findet eine Selbstregulierung nach den Grundsätzen der Fancharta statt. Verein und Fanszene setzen sich für ein mögliches Minimum an Sicherheitskräften in der Nordkurve ein. 

3.1.2 Sofern Choreographien, Spruchbänder und nichtkommerzielle Publikationen den Grundsätzen dieser Fancharta entsprechen, findet keine inhaltliche Zensur durch den Verein statt. 

3.1.3 Der Tifo unterliegt keinen Reglementierungen bezüglich der Anzahl, der Größe und dem Inhalt von Fahnen und Doppelhaltern. Im Vorfeld der Auswärtsspiele setzt sich der Verein auch beim jeweiligen gastgebenden Verein dafür ein. 

3.1.4 Die gesamte Nordkurve im Auestadion, inklusive der dazugehörigen Stadionmauer und der Zaunbereich, ist ausschließlich Zaunfahnen bzw. Bannern vorbehalten und wird nicht vermarktet. 

3.1.5 An Ständen am bzw. im Stadion dürfen die Fans eigene Fanartikel und Publikationen zur Refinanzierung von Choreographien und/oder Fanveranstaltungen verkaufen. 

3.1.6 Im und vor dem Stadion dürfen nichtkommerzielle, die Fankultur betreffende Publikationen verteilt werden. Informationen, Aufrufe, Flugblätter usw. der Fanszene können bei Bedarf im Stadion angebracht werden. 

3.1.7 Das Tragen von Fankleidung anderer Klubs, davon ausgenommen sind Vereine zu deren Anhängerschaft freundschaftliche Verbindungen bestehen, wird in der Kasseler Nordkurve nicht geduldet. 

3.1.8 Die Einlasskontrollen am Auestadion finden in allen Stadionbereichen in einer angemessenen Form statt. 

3.1.9 Der Block 30 und der KSV Hessen Kassel lehnen die Personalisierung von Tageskarten unisono ab. 

3.1.10 Gästefans erfahren im Auestadion, in allen sie betreffenden Punkten, nach Möglichkeit eine Gleichbehandlung. 

3.2 Bewahrung des Fussballsports in seiner Ursprünglichkeit 

3.2.1 Die Stimmung und der Support im Stadion gehen ausschließlich vom Publikum aus. 

3.2.2 Der Fankultur fremde Utensilien wie Klatschpappen, Vuvuzelas oder ähnliche akustische Instrumente kommen im Auestadion nicht zum Einsatz. Eine Verteilung von Klatschpappen durch Sponsoren ist nicht statthaft. 

3.2.3 Die Animation der Zuschauer, über die Anzeigetafel und/oder den Stadionsprecher, geht nicht über das in Kassel bekannte Maß hinaus. 

3.2.4 Stadionansagen, Werbejingles und Musikeinspielungen sind in ihrer Lautstärke so zu regulieren, dass die fanseitig erzeugte Stimmung im Stadion nicht beeinträchtigt wird. 

3.2.5 Um das ursprüngliche Kurvenbild nicht zu beeinflussen, wird auf die Verbreitung von sichtbar durch Sponsoren beeinflusster Fanartikel verzichtet. 

3.2.6 Fußball muss für alle Fans bezahlbar sein. Und bleiben. 

4. Weitere Regelungen zum Miteinander 

4.1 Ansprechpartner und Mittelsmann zwischen Fans und Verein sind der Fanbeauftragte und das Fanprojekt Fullestadt. 

4.2 Im Vorfeld von Entscheidungen des Vereins, die insbesondere die aktive Fanszene tangieren, werden über den Fanbeauftragten und das Fanprojekt Meinungen aus der Fanszene eingeholt und von den beiden genannten Akteuren an die Vereinsverantwortlichen herangetragen. 

4.3 Bevor öffentliche Verlautbarungen, die Belange und/oder Vorgänge der aktiven Fanszene betreffen, medial kommuniziert werden, sollen die dem fraglichen Sachverhalt zugrundeliegenden Informationen und Motive gründlich und objektiv geprüft worden sein. 

4.4 Für nichtkommerzielle Zwecke ist die Verwendung des Vereinslogos und der Schriftzüge „KSV Hessen Kassel“, „Kasseler Sportverein“ und „Hessen Kassel“ für die Fans kostenfrei. 

4.5 Entscheidungen, sowie Überlegungen, die potenziell den Charakter und das Wesen des KSV Hessen Kassel e.V. nachhaltig verändern können sind immer unter größtmöglicher Einbeziehung der Fans und Mitglieder zu treffen. Die KSV Fan- und Mitgliederabteilung Herzblut dient diesbezüglich als Forum zum Dialog. 

 5. Umgang mit Stadionverboten 

Bei der Thematik der Stadionverbote verfolgt der KSV Hessen Kassel e.V. ein Konzept zur Durchführung alternativer Stadionverbotsmaßnahmen.

 Stadionverbote stellen laut den „Richtlinien zur einheitlichen Behandlung von Stadionverboten“ eine Präventivmaßnahme dar, deren Ziel es ist „zukünftiges sicherheitsbeeinträchtigendes Verhalten zu vermeiden (…) um die Sicherheit anlässlich von Fußballveranstaltungen zu gewährleisten (§1(Abs.2)). 

Stadionverbote sind per Definition keine Maßnahmen zur Bestrafung einer Handlung, sondern ein Instrument der Prävention. Nichtsdestotrotz werden sie von Fans als Bestrafung wahrgenommen und von Vereinen oftmals auch als solche eingesetzt. Der KSV Hessen Kassel verfolgt diesbezüglich einen (sozial-)pädagogischen Ansatz und ist sich bewusst, dass insbesondere für jugendliche Fußballfans Stadionverbote schwerwiegende Folgen haben können. Junge Menschen identifiziert sich oft in besonderem Maße mit ihrem Fußballverein, so dass durch ein Stadionverbot wichtige Teile der Ich-Identität verloren gehen können. Neben dem Ausschluss von seiner Peer Group (Fanclub, Ultragruppe etc.), muss man auch von realen negativen Folgen für die sozialen Beziehungen des jungen Menschen ausgehen. Diese negativen Folgen gilt es gering zu halten. Statt einer unwiderruflichen ausgesprochenen Sanktion soll sinnvollerweise eine gemeinsame Aufarbeitung des Verhaltens des jungen Menschen angestrebt werden. Dies soll den Fans deutlich machen, dass ihre Taten Konsequenzen haben, welche jedoch durch Übernahme von Verantwortung, einer Wiedergutmachung und in Form von sozialer Tätigkeiten abgemildert werden können. Daher tagt das Gremium nicht im Sinne einer „Gerichtsverhandlung“ oder eines Tribunals. Die Verwendung von Begrifflichkeiten aus dem Strafrecht wird daher vermieden. Das Gremium dient dazu, eine Prognose über das zukünftige Verhalten des Fans zu stellen und nicht dazu, die Vorwürfe zu untersuchen oder aufzuarbeiten. Der Präventionsbegriff wird so ausgelegt, dass das Gremium den betroffenen Fan dabei unterstützen möchte, innerhalb der erlaubten Grenzen sein Fan-sein auszuleben und diese nicht zu überschreiten. Dabei spielen Faktoren wie Alter, Biografie und Reife eine übergeordnete Rolle. 

Um die sozialpädagogische Ausrichtung des Fanprojektes sowie die Fürsorgepflicht des KSV Hessen Kassel e.V. als Sportverein bei der Aussprechung von Stadionverboten zu berücksichtigen und zugleich eine geregelte Form der Handhabung einzuführen, wird Folgendes festgehalten: 

 Es wird ein Beratungsgremium eingerichtet. In diesem Gremium sind folgende Funktionsträger vertreten: 

-der Stadionverbotsbeauftragte des KSV Hessen 

-ein Vertreter des Fanprojekts Fullestadt Kassel 

-der Fanbeauftragte des KSV Hessen Kassel 

Da sich die Empfänger eines Stadionverbots in der Regel in einem schwebenden Verfahren befinden und die Mitglieder des Gremiums nicht dem Zeugnisverweigerungsrecht unterliegen, wird in den Sitzung nicht über laufende Verfahren berichtet. In diesem Gremium wird die betroffene Person von allen Seiten betrachtet und jeder Teilnehmer hat die Möglichkeit, eine Stellungnahme abzugeben. Um die Ergebnisfindung nicht zu gefährden wird kein Vertreter der Polizei bei der Anhörung teilnehmen. 

6. Umgang mit der Block 30 - Fancharta 

6.1 Bei Verstößen gegen die Fancharta verpflichten sich alle Beteiligten zur Dialogaufnahme, um den vorliegenden Sachverhalt klären und gemeinsam Maßnahmen zur zukünftigen Vermeidung von Zuwiderhandlungen ergreifen zu können. 

6.2 Interne Zuwiderhandlungen einzelner Individuen oder Gruppen gegen die Block 30 Fancharta werden vom Kollektiv geahndet bzw. sanktioniert und können zum Ausschluss führen. 

6.3 Alle Beteiligten verpflichten sich zu einer gemeinsamen, im Halbjahrestakt erfolgenden, Überprüfung der Fancharta, im Hinblick auf eventuell notwendige Veränderungen und/oder Ergänzungen. 

6.4 Einzelpersonen und/oder Gruppen, die nicht zu den Unterzeichnern dieser Fancharta zählen, gehören dem Block 30 Kollektiv ausdrücklich nicht an.



11.09.2020